Bisher hat der Bundesgerichtshof den Pflichtteilsergänzungsanspruch davon abhängig gemacht, dass eine Pflichtteilsberechtigung sowohl im Zeitpunkt der Vornahme der Schenkung als auch zum Zeitpunkt des Erbfalls vorgelegen hat. War ein Abkömmling zum Zeitpunkt des Vollzugs einer Schenkung noch nicht geboren, hatte dieser Abkömmling hinsichtlich dieser Schenkung keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber dem Erben.
Mit seinem Urteil vom 23.05.2012 stellt der Bundesgerichtshof nun klar, dass es für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht mehr darauf ankommt, ob der pflichtteilsberechtigte Abkömmling bereits zum Zeitpunkt der Schenkung pflichtteilsberechtigt war. Zur Begründung der Rechtsprechungsänderung verweist der Bundesgerichtshof auf den Sinn und Zweck des Pflichtteilsrecht, nahen Angehörigen eine Mindesbeteiligung am Nachlass des Erblassers sicherzustellen.
Diese Entscheidung wird man allerdings nicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Ehefrau übertragen können, für den es weiterhin bei dem Erfordernis der Doppelberechigung verbleiben wird.