Pauschalreise und höhere Gewalt: die Macht einer Aschewolke

Eine Aschewolke legte über Tage weltweit den Fugbetrieb lahm. Tausende von Reisende saßen zu Hause auf gepackten Koffern und wussten nicht, ob und ggf. wann die gebuchte Pauschalreise losgeht. Reiseveranstalter waren nicht in der Lage, ein Patentrezept zu liefern. Sie waren gezwungen, den Reisevertrag wegen nicht voraussehbarer höherer Gewalt zu kündigen.
Doch was passiert dann? Wer hat welche Rechte? Wer trägt letztendlich das Risiko des Vulkanausbruchs und der Aschewolke?
Mit der Kündigung des Pauschalreisevertrages verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis, dies ist unstrittig, hierauf wird in den Medien immer wieder hingewiesen. Ist ein Reisepreis schon bezahlt worden, ist dieser von dem Reiseveranstalter an den Reisesteilnehmer zurück zu bezahlen. Für bereits erbrachte oder noch zu erbringende Leistungen kann der Reiseveranstalter eine angemessene Entschädigung verlangen. Mehrkosten für einen Rücktransport sind von dem Reiseveranstalter und dem Reiseteilnehmer je zur Hälfte zu tragen. Dies ist alles gesetzlich geregelt.
Doch was ist mit den Stornokosten, die von einem Leistungsträger dem Reiseveranstalter für die Reservierung eines Hotels, Safari etc. in Rechnung gestellt werden?
Der BGH hat zweimal, im Jahr 1989 und 1990 anlässlich des Reaktorunglücks in Tschernobyl entschieden, dass bei einer Kündigung des Reisevertrages die Stornokosten aus Beschaffungsverträgen mit Leisungsträgern zwischen dem Reiseteilnehmer und dem Reiseveranstalter nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu teilen sind. Hintergrund der Urteile, die in Fachkreisen schlicht „Tschernobyl-Urteil“ heißen, war, dass eine Schulklasse infolge des Reaktorunglücks von Tschernobyl 1986 ihre Klassenfahrt nach Prag abblasen musste. Das bereits reservierte Hotel verlangte dennoch Kosten für die entgangenen Übernachtungen vom Reiseveranstalter. Der Reiseveranstalter zahlte daraufhin Lehrern wie Schülern nur einen Teil des vorgestreckten Reisepreises zurück. Der BGH bestätigte das Vorgehen des Reiseveranstalter. Die Folgen des Reaktorunglücks sollen auf beide Schultern gleichermaßen verteilt werden, da die Strahlengefahr weder der Betriebsphäre des Reiseveranstalters noch der Privatsphäre des Reiseteilnehmers zurechenbar ist. Sie berührt die Interessen der Parteien, die jeweilige Gegenleistung zu erlangen, gleichermaßen (BGH, Az. VII ZR 60/89). Mit dieser Begründung hat das LG Mönchengladbach im Jahre 2007 ebenfalls zweimal eine Kostenteilung bei einer höheren Gewalt vorgenommen.
Einen weitergehenden Schadensersatz schuldet der Reiseveranstalter bei höherer Gewalt im Übrigen nicht.